Freitag, 4. Mai 2012

Landtagswahlen in der alten Heimat

 flaggeSH

Am Sonntag steht die Landtagswahl in Schleswig-Holstein an und laut Junger Union darf man guter Hoffnung sein:

CDU-Spitzenkandidat Jost de Jager: Klare Kante Zukunft.

Klare Kante klingt gut. Sie müssen sich dementsprechend auch nicht lange fragen, wer auf der anderen Seite der Kante bleibt, denn Jost de Jager wird der versprochenen Klarheit durchaus gerecht und verkündet, ausgerechnet in einem Interview mit der Süddeutschen:

Die Grünen sind im Norden anders, genauso wie die CDU besonders ist. Die Konservatismus-Debatte spielt hier keine Rolle mehr. Wir sind keine konservative Partei mehr.

Der Feind ist für die CDU mal wieder jenes Milieu, das sich sonst von den christdemokratischen Herrschaften Begriffe wie “Kernklientel” gefallen lassen darf. Aber wenn durch die Vertreibung eines Teils der eigenen Klientel ein vielleicht größeres Klientel in Form eines Koalitionspartners – der Grünen – gewonnen werden kann, wer kann den Figuren der  Karrieristen-Union da schon vorwerfen, dass sie die Konservativen über die Planke jagen? Vielleicht hätte uns der Begriff der Kernklientel von Anfang an stutziger machen sollen, denn wir wissen doch letztlich alle, was mit dem Kern geschieht, wenn der Apfel gegessen ist, oder?

Freitag, 13. April 2012

Happy Birthday Christopher Hitchens

hitchens

Heute wäre Christopher Hitchens, der am 15. Dezember letzten Jahres verstarb, 63 Jahre alt geworden. Es ist das erste mal, dass seine Familie seinen Geburtstag ohne ihn begehen muss und wir wünschen seiner Frau und seinen Kindern Trost und alles Gute.

Wir haben Christopher Hitchens auf diesem Blog gern bemüht, wenn es um das Thema der freien Rede ging und es gibt heute kaum einen anderen Redner, der dieses wichtige Grundrecht mit einer derartigen Leidenschaft zu verteidigen weiß. Seinen konfrontativen Atheismus muss man nicht mögen, um anzuerkennen dass Hitch ein bewundernswerter Streiter für die Sache des Westens war:

The American Revolution probably is, with its separation of powers, separation of church and state, guarantee of free expression and other celebrated triumphs of the enlightenment, the revolution model which is still left.

Dienstag, 10. April 2012

“Basis-Demokratie”

Ein altes Gespenst geht wieder um: Die “Basis-Demokratie”. Ob die FDP meint, mit diesem altgrünen Konzept die schwierige Positionierung zum Rettungsschirm zu meistern oder man sich auf CDU-Politik.de fragt, ob der große Parteiumbau, die basisdemokratische Revolution, die nach den Urgrünen einst ausblieb, verspätet und digitalisiert durch die Piraten erfolgt oder aber Constanze Kurz auf SPON im Essay “Keine Angst!” davon fabuliert, dass das entscheidende Charakteristikum der Piraten nicht bestimmte inhaltliche Positionen, sondern der basisdemokratische Ansatz der Partei sei, man hört die Ketten aus der Gruft der 80er wieder rasseln.

Nun ein paar einfache Zahlen, die uns vor Augen führen sollen, wovon wir überhaupt sprechen (sämtliche Zahlen von Wikipedia und großzügig zugunsten der Parteien gerundet):

Einwohner der BRD: ca. 81.000.000

Basen der Parteien + Piraten: ca. 1.400.000

Anteil an der Gesamtbevölkerung: ca. 1,75%

Das ist, worum es sich bei all dem Geplärre um “Basis-Demokratie” tatsächlich handelt: Eine Umverteilung von politischen Rechten, innerhalb einer nicht einmal 2% der Bevölkerung umfassenden Gruppe, wenn alle anderen Parteien es den Piraten gleich täten. Das sogenannte “Demokratie-Problem” unseres Landes lässt sich auf diese Weise garantiert nicht lösen.

Merke: Wer von “Basis-Demokratie” spricht, meint in der Regel lediglich die subsidiärste Form der Parteibuchträger-Oligarchie! 

Montag, 9. April 2012

Ihr macht da was falsch!

Vor kurzem kommentierte ich auf Nusquam zur Landtagswahl im Saarland:
Jenseits von einer ideologisch rückgratlosen CDU findet sich nur noch ein Ozean linker Parteien. Unsere Parlamente verwandeln sich in Kuriositätenkabinette in denen man die ganze Vielfalt der linken Freakshow bewundern kann.
Ich muss mich diese Sätze wieder einkassieren. Naja jedenfalls den ersten dieser Sätze. Asche auf mein Haupt! Ich habe inzwischen an mehreren Stellen gelesen, dass sich die Spitzenkandidatin der Saar-CDU öffentlich selbst als “links von der Mitte stehend” beschreibt. Daraus folgt natürlich, dass der Ozean linker Parteien, der heutzutage die deutsche Parteienlandschaft ausmacht, nicht jenseits der Union beginnt, sondern diese mit einschließt.
 
Ich hätte selbst bei einer so rotten Partei wie der CDU nicht gedacht, dass ich zu Gesicht bekäme, wie man selbst deklarierte Linke durch die Parteihierarchien hindurch bis zur Spitzenposition hin fördert. “Aber, aber” – wird da vermutlich so mancher Christdemokrat einwenden – “geben Sie nicht gleich auf. Genau wegen solcher Missstände hat sich doch die “Aktion Linkstrend stoppen” innerhalb der CDU gegründet”.
 
Joa, nun… Linkstrend-stoppen.de zur Landtagswahl an der Saar:
Deshalb Annegret Kamp-Karrenbauer, Deshalb CDU!
Öhm, wie bitte? Vielleicht muss man CDUler tatsächlich darauf hinweisen, aber wenn ihr eine “Aktion Linkstrend stoppen” ins leben ruft und dieses Netzwerk dann dazu nutzt selbsterklärte Linke innerhalb der CDU zu fördern, DANN MACHT IHR DA WAS FALSCH!

Freitag, 16. September 2011

Zum morgigen Amerikanischen Verfassungstag: George Washington über Partei und Republik

Aus der Abschieds-Adresse des ersten Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika:
“Ich deutete die Gefahr der Partei im Staate bereits an, mit besonderem Hinweis auf ihre Gründung durch geographische Differenzierung. Lassen Sie mich nun eine umfassendere Ansicht wählen und Sie auf ernsthafteste Weise warnen gegen die unheilvolle Wirkung des Parteiengeistes im Allgemeinen.
Dieser Geist ist unglücklicherweise untrennbar mit unserer Natur vereint, da er seine Wurzeln in den stärksten Leidenschaften des menschlichen Geistes hat. Er existiert in verschiedenen Formen in allen Regierungen mehr oder weniger erstickt, kontrolliert oder unterdrückt; doch in denen der popularen Form, kann er in voller Blüte erblickt werden und ist wahrhaftig der ärgste Feind.
Die wechselnde Herrschaft einer Fraktion über eine andere, verschärft durch den Geist der Rache, so natürlich der Parteienzwietracht, welche in verschiedenen Zeiten und Landen die entsetzlichsten Ungeheuerlichkeiten verübte, ist selbst ein gräulicher Despotismus. Doch dies führt nach einiger Zeit zu einem formaleren und permanenten Despotismus. Die Zerrüttungen und Nöte, die folgen, neigen die Gedanken des Menschen nach und nach dazu Sicherheit und Rast in der absoluten Macht eines Individuums zu suchen; und früher oder später wird der Führer einer vorherrschenden Fraktion, fähiger oder glückreicher als seine Konkurrenten, diese Disposition zum Zwecke seiner eigenen Erhebung verwenden, zum Ruin der öffentlichen Freiheit.
Ohne Extreme dieser Art zu erwarten, (die nichtsdestotrotz nicht vollends aus den Augen gelassen werden sollten) sind die häufigen und kontinuierlichen Schäden des Parteiengeistes ausreichend, es zu Interesse und Pflicht einer weisen Nation zu machen, ihn zu entmutigen und zu bändigen.
Er dient immer dazu die öffentlichen Gremien zu stören und die öffentliche Administration zu schwächen. Er agitiert die Gemeinschaft mit unbegründetem Neid und falschem Alarm; entzündet Feindseligkeit eines Teils gegen einen anderen, schürt gelegentlich Ausschreitung und Aufruhr. Er öffnet fremden Einflüssen und Korruption die Tür, die erleichterten Zugang zur Regierung selbst finden, durch die Pfade der parteiischen Leidenschaften. In Folge ist die Politik und der Wille eines Landes der Politik und dem Willen eines anderen Landes unterworfen.
Es gibt die Ansicht, dass Parteien in freien Ländern nützliche Hemmnisse der Amtsführung einer Regierung seien und damit den Geist der Freiheit am Leben hielten. Dies ist innerhalb gewisser Grenzen vermutlich wahr; und in Regierungen monarchistischer Gestalt, mag Patriotismus mit Nachsicht, wenn nicht gar Wohlwollen, auf den Parteiengeist schauen. Doch in denen popularen Charakters, Regierungen allein durch Wahl, ist dies ein Geist der nicht ermutigt werden sollte. Durch deren natürliche Tendenzen, ist sicher, dass es stets genug dieses Geistes für jeden gesunden Zweck geben wird. Und, da stets die Gefahr des Übermaßes besteht, sollte die Anstrengung durch die Macht der öffentlichen Meinung darauf abzielen, ihn zu mildern und zu lindern. Ein Feuer das nicht erstickt werden soll, erfordert stete Wachsamkeit um zu verhindert, dass es zur Flamme wird, die nicht wärmt, sondern alles verschlingt.”

Montag, 12. September 2011

Bürgerkrieg? Nein, selbst dazu geht’s uns zu schlecht!

NUSQUAM kommentiert (auch zu finden auf CDU-Politik), dass die fortschreitende Integration hin zum europäischen Zentralstaat das Vorspiel zu einem europäischen Bürgerkrieg ist. Ich befürchte, dass man hier gründlich irrt: Die Europäer taugen nicht mehr zu Kriegen, geschweige denn zu Bürgerkriegen.

1. Wollen die Europäer einen Bürgerkrieg führen?
Spanien führte in den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts einen blutigen Bürgerkrieg, in dem es um den Charakter des Landes und die Gestalt des künftigen spanischen Regimes ging. Heute hingegen lassen sich die Spanier nicht nur lethargisch in die EU eingliedern, sondern antworten auf die blutigen Anschläge von Madrid im Jahre 2004, in den darauf folgenden Wahlen mit der Wahl einer Partei, die verspricht die Beteiligung im Irakkrieg sofort zu beenden und somit die Waffen vor eben jenen Feinden zu strecken, die für tote und verletzte spanische Zivilisten verantwortlich sind. Die Deutschen meinen auch nicht mehr, dass sie eine Rechnung mit einem Diktator zu begleichen hätten, nur weil dieser in der Vergangenheit meinte in Berlin rumbomben zu lassen. Früher reichten Depeschen aus Bad Ems um die Europäer in Kriegslaune zu versetzen, heute sind nicht einmal mehr Bomben genug.


2. Und wieso sollten sie auch?
Der einzige mehr oder weniger "revolutionäre" Dealbreaker ist die ökonomische Versorgungslage. Während es beim amerikanischen Unabhängigkeitskrieg und Bürgerkrieg tatsächlich um teilweise paradoxe Fragen von Souveränität, Freiheit und Rechten ging, sind die Europäer heutzutage nur noch auf die Straße zu bringen, wenn die Checks des Umverteilungsstaates auszubleiben drohen, an dessen Tropf ja nicht nur Arbeitslose und Unterschichtler hängen, sondern auch die breite Mittelschicht. Man schaue sich die "Aufstände", die Plünderungen und Demonstrationen in Großbritannien an. Wenn man nur noch materielle Bedürfnisse kennt und keine Begriffe mehr hat, von politischer Würde, die sich in Rechten, aber auch in Pflichten gründet, dann taugt man eben nicht zum Revolutionär, sondern höchstens zum Plünderer. Die supranationale Agenda der Eurokraten schließt nahtlos an die progressive Agenda nationalstaatlicher Umverteilung an. Es ist in diesem Zusammenhang auch kein Zufall, dass Woodrow Wilson, der erste progressive Extremist im US-Präsidentenamt, Wegbereiter des Völkerbundes und damit Großvater der Vereinten Nationen, eine flammender Verehrer Bismarcks, des Vaters des deutschen Sozialstaats, war.


3. Wer soll’s denn machen?
In einigen Jahrzehnten wird es in Europa überhaupt nicht mehr das Personal geben, um einen Bürgerkrieg zu bestreiten, es sei denn eine findige deutsche Rüstungsindustrie entwickelt Maschinengewehre und Raketenwerfer, die sich problemlos an Geh-Hilfen und Rollstühlen anbringen lassen. Heinsohns "Söhne und Weltmacht" ist ein interessantes Buch, das einem eine Vorstellung davon vermittelt, wie es um die Kriegs- und Bürgerkriegsfähigkeit einer im demographischen Niedergang befindlichen Gesellschaft bestellt ist.


Also gehört zu einem Bürgerkrieg viel mehr, als die Europäer noch in der Lage sind aufzubringen. Es ist mal wieder Zeit für "kommode" Despotie, ein "Brave New Europe" über dem der blau-gelbe Fetzen weht. Denn warum nicht Despotie, wenn es sich für alle Beteiligten lohnt?  

Montag, 25. Juli 2011

Zu den Anschlägen in Norwegen: Die Stunde der scheinheiligen, politischen Leichenschänder

Ich denke Nusquam macht einen Fehler diese Geschichte einfach abzutun, denn der Umgang der Medien mit ihr, hat ja durchaus Vorläufer. Man erinnere an den Anschlag von Oklahoma City, den Bill Clinton, kurz nach seiner Niederlage in den Midterm-Elections von 1994, dazu nutzte Rush Limbaugh und anderen Konservativen eine Mitschuld anzuhängen, sie in die rechtsextreme Ecke zu schieben und so das Momentum der konservativen Bewegung Amerikas zu brechen.

Ähnliches wurde in diesem Jahr nach der Schießerei in Tucson, Arizona versucht und die Ziele die öffentlich, auch von deutschen Medien, zu Komplizen gebrandmarkt werden sollten waren Sarah Palin und die Tea Party. Dies nachzuweisen ist insofern einfach, als amerikanische Linke VOR der Schießerei in Tucson offen darüber sprachen, dass Obama ein zweites Oklahoma City brauche. Nicht nur wurde von allen beteiligten Medien im Falle das Tucson Massakers geflissentlich ignoriert, dass man die Vorwürfe, die man an Palin richtete (Zielscheibe als Symbol für den potentiell gewinnbaren, daher wichtigen Zielwahlkreis des Opfers, Giffords auf “Targetlist”/ “Zielliste”) auch an die große, prominente Linksaußenwebseite “Dailykos” hätte richten können, sondern es wurden auch sämtliche Hinweise aus dem Umfeld des Täters ignoriert, die letztlich besagten, er sei ein kiffender, Jimi Hendrix hörender, an 9/11 Verschwörungstheorien glaubender, Flaggenverbrennungen liebender, Bush hassender, Abtreibungen befürwortender, Irakkrieg ablehnender Linker gewesen. Und so jemand soll dann von der bibel- und flaggenschwingenden Sarah Palin, die von den Medien doch gerade deshalb für gefährlich gehalten wird, zu irgendetwas inspiriert werden und in diesem Fall ausgerechnet zu einer Mordtat? Würde man dies jemandem mitteilen, der seine Informationen ausschließlich von der deutschen Journaille erhält, dann hätte das für diesen wohl in der Tat Neuigkeitswert. 

Die Fukushima Berichterstattung war letztlich auch nichts anderes, als die Instrumentalisierung von Leichen zu Erfüllung der linken Agenda unserer deutschen Gossenjournaille. Man übersah dabei gerne mal, dass die eigentlichen Toten Resultat des Erbebens oder des Tsunami waren, oder vermischte beides mit dem Reaktorunglück. 

Das Werk also von politischen Leichenschändern. Diese Leute schämen sich dafür nicht und deshalb wird uns diese schamlose Taktik noch öfter begegnen. Man darf in diesem Falle nicht schweigen, auch wenn einen solche Taten und Ereignisse zunächst sprachlos machen. Diese Leute spielen das politische Spiel weiter, während einem bürgerlicher Anstand und Pietät eigentlich gebieten Zurückhaltung zu üben. Doch eben weil sie es tun, muss man stetig am Ball bleiben, um auf ihre Lügen, Verdrehungen, Manipulationen und Verschweigungsaktionen hinzuweisen.  

Man könnte sich wünschen, dass diese Scheinheiligen mit den gleichen Maßstäben an die Gewaltgeschichte der 68er oder der Islamisten herangingen, wie an Islamkritiker und Konservative. Sind Adorno und Marcuse schuld an der RAF? Sind vielleicht Mohammed, der Koran oder die Hadithen schuld am Islamismus und nicht nur deren "Missbrauch"? Vielleicht eher als Broder, Wilders und Kelek an der Schießerei in Norwegen? Aber die Medien wollen uns nun deutlich machen, dass wer die ersten beiden Fragen stellt, genauso zu Mord und Todschlag aufruft, wie die letzteren, bei denen sie die Frage eifrig bejahen. Wer sich mit einem Rest gesunden Menschenverstandes fragt, welche der drei Fragen er tatsächlich am ehesten bejahen muss, der weiß vermutlich auch mit was für einem scham- und gewissenlosen Lügenpack wir es im Falle der deutschen Medien zu tun haben.

Nachtrag: Ein herzliches Willkommen an die Nusquam-Leser!

Mittwoch, 8. Juni 2011

Suche: Stelle als medizinisch-technische Assistentin. Biete: Tötung meines Kindes.

Es ist mal wieder Zeit für die deutsche Journaille die mutigen Protagonistinnen des munteren Kindertötens zu feiern:

Ulla Böll ist Anfang 20, hat ihre Ausbildung als medizinisch-technische Assistentin gerade abgeschlossen, verdient zum ersten Mal eigenes Geld, als sie bemerkt, dass sie schwanger ist. "Ich hatte gerade begonnen, ins Leben zu blicken", sagt die 65-Jährige. Sie entscheidet sich für einen Abbruch.

Ja, wer kann der Dame schon einen “Abbruch” des von ihr gezeugten Kinderlebens vorwerfen, wenn sie gerade zum ersten Mal eigenes Geld verdient hat. Nein, an der Karriere darf ein Kind niemanden hindern, sonst wird es “abgebrochen”. Da darf man sich die Frage stellen, weshalb für Kinder gelten soll, was nicht für pflegebedürftige Alte oder Behinderte gilt. Dürfen die jemandem zur Last fallen, wenn dieser gerade “zum ersten Mal eigenes Geld” verdient und “begonnen (hat), ins Leben zu blicken”? Oder sollten die dann auch “abgebrochen” werden?

Auch auf der Straße müssen die Frauen viel aushalten. Abtreibungsgegner stellen sie mit den Nazis auf eine Stufe ("Ihr tötet wie sie!") oder unterstellen ihnen, sie wollten "nur durch die Betten hüpfen".

Das müssen wirklich barbarische Zeiten gewesen sein, in denen die Gesellschaft eine Frau nur deshalb verachtete, weil sie ihr eigenes Kind um die Ecke brachte. Und die Nazis haben keine Kinder umgebracht, sondern Juden, Schwule und Behinderte, also ganz andere Zielgruppen, die für eine unzumutbare Last gehalten wurden. Dass dieses Lebensschützerpack diesen riesigen Unterschied nicht versteht ist doch… also sowas von unaufgeklärt!

Dienstag, 31. Mai 2011

Kader und Funktionäre gegen Bürger

Auf Spiegel Online findet sich heute ein Artikel über Umfragen, die jenen Mut machen dürften, die unseren überbordenden Parteienstaat gern entmachtet sähen:
SPD-Chef Gabriel und Generalsekretärin Nahles bekommen Unterstützung für ihre Vorschläge zur Parteireform: Anders als die Parteimitglieder finden viele SPD-Wähler eine öffentliche Kanzlerkandidatenkür gut.
Nach einer am Dienstag veröffentlichten Umfrage im Auftrag von "Zeit Online" befürworten 84 Prozent der SPD-Anhänger eine öffentliche Kanzlerkandidatenkür.
Die Idee, dass diese Reformen kontrovers seien, begrenzt sich also ausschließlich auf jenen Kreis von Kadern und Funktionären, der durch ein Mehr an Demokratie und Transparenz seine Felle davonschwimmen sähe. Dagegen scheinen diese Ideen für die Anhängerschaft der Partei “no-brainer” zu sein.

Und auch die Anhängerschaften der anderen Parteien scheinen die Nase voll zu haben, von den napoleonischen Selbstausrufungen von Parteifunktionären und Parteiführung, ob nun beim Frühstück in Wolfratshausen oder anderswo.
Wie die Umfrage weiter ergab, sind es unter den Wählern der Union 67 Prozent, die eine öffentliche Kanzlerkandidatenkür befürworteten, bei den FDP-Wählern 70 Prozent und bei denen der Grünen 71 Prozent.
Eine solide Mehrheit bei den Anhängern aller großen Parteien in Deutschland, jenseits der 2/3 Grenze, spricht sich für mehr Demokratie aus, als der professionelle Politbetrieb bereit ist ihnen zu offerieren. Wenn das mal kein Grund ist stolz auf dieses Land und seine Bürgerschaft zu sein.

Dienstag, 24. Mai 2011

Macht die SPD etwa ernst?

Es sieht ganz so aus. Auf FAZ.Net finden sich sowohl ein Artikel, als auch ein Kommentar zur angestrebten Parteireform Gabriels, die etablieren soll den Kanzlerkandidaten der SPD in Zukunft durch Vorwahlen zu küren und zwar nicht nur durch die Parteimitgliedschaft (was an sich bereits ein Fortschritt wäre), sondern auch durch Sympathisanten und Anhänger der Partei.

Vielleicht müssen wir uns hier also für vorschnelle Resignation im Hinblick auf das sozialdemokratische Reformprojekt für mehr Demokratie entschuldigen. So wie sich der Artikel liest ist es Gabriel mit einer institutionellen Reform seiner Partei tatsächlich ernst:
Frau Nahles will ihren Entwurf am kommenden Montag im Parteivorstand als Diskussionsgrundlage vorstellen. Im Herbst plant sie, gemeinsam mit dem Parteivorsitzenden Gabriel, mit dem sie den Entwurf abgestimmt habe, ihre Vorschläge auf einer Tour durch die Parteigliederungen zu diskutieren. Auf dem Bundesparteitag im Dezember in Berlin sollen die Ergebnisse beschlossen werden.
Frau Nahles hob hervor, dass sie beides anstrebe: Die Möglichkeit neuer Beteiligungsformen für Nicht-Mitglieder bei Vorwahlen auf unterschiedlichen Ebenen, aber auch die Stärkung der Mitgliederrechte durch die Ausweitung des Mitgliederentscheides über Sachfragen auf alle Parteigliederungen. Wahlen für Parteiämter sollen weiterhin Mitgliedern vorbehalten sein.
Aber natürlich steht nicht alles zum besten. Die Funktionäre bangen um ihre Macht und bekannte Spieler in unserem Intrigantenstadl, wie Johannes Kahrs, fürchten bereits die desinfizierende Wirkung von Sonnenlicht und Transparenz:
Der Vorsitzende des konservativen Seeheimer Kreises in der SPD, Kahrs, sagte dieser Zeitung, der Vorschlag sei „Unsinn“. Es gehe darum, die SPD als Mitgliederpartei zu stärken „und nicht in dem Streben nach einer eingebildeten Modernität eine Amerikanisierung zu betreiben“.
Auch der Vorsitzende der Jungsozialisten, Vogt, äußerte sich skeptisch: Entscheidend sei zunächst, ein vernünftiges Programm zu entwickeln. „Anschließend geht es darum, einen Kandidaten zu finden, der auch wirklich zum Programm passt“, sagte er der „Leipziger Volkszeitung“. Er bezweifle, dass eine Direktwahl des Kanzlerkandidaten funktionieren könnte, sagte Vogt.
Der gute, alte Programm-Köder. Die Sache ist nur, dass es letztlich nichts nützt, wenn man in einer Partei über das Programm entscheiden darf, aber dann nicht die Mittel hat, um zu kontrollieren, ob das politische Personal dieses Programm auch umsetzt. Was nützt z.B. dass im Unionsprogramm noch immer das Merzsche Steuermodell steht, wenn die Parteifunktionäre ständig eine Kanzlerkandidatin küren, die dies ignoriert? Personal- gegen Programm-Hoheit auszuspielen ist ein durchsichtiges Manöver der Kader, die darauf aus sind, ihre eigene Machtbasis zu erhalten. Man stelle sich vor: Am Ende hat so ein gewichtiger Funktionär nicht mehr darüber zu sagen, wer Kanzlerkandidat wird, als ein einfaches Parteimitglied oder ein bloßer Sympathisant. Wo kämen wir denn da hin?

Spin(n)er der Woche

Was darf man da auf Spiegel Online über den amerikanischen Präsidenten lesen?


Seine Hautfarbe macht der US-Präsident selten zum Thema.
Dass Obama mit dem Versprechen antrat, seine Präsidentschaft würde den Eintritt in eine post-rassische Gesellschaft bedeuten ist schon wahr. Nur ist dabei, wie bei vielen Versprechen Obamas, nicht viel herausgekommen. Ganz im Gegenteil, werden die politischen Gegner des US-Präsidenten, sogar von diesem selbst, heute exzessiver denn je, als Rassisten bezeichnet, auch wenn die Differenzen, die sie mit dem Präsidenten haben, rein politischer Natur sind und Themen wie z.B. die Gesundheitspolitik betreffen.

Dies ist allerdings nicht der typische Fall von Unkenntnis oder gezielter Desinformation, die die Berichterstattung deutscher Medien über die Vereinigten Staaten sonst prägt, sondern etwas mit dem die Deutschen selbst bereits ihre eigenen Erfahrungen gemacht haben. Wir reden hier immerhin von jenem Präsidenten, der es für angemessen hielt seine eigene Person und insbesondere seine ethnische Identität, in die Video-Botschaft zum 20jährigen Jubiläum des Falls der Berliner Mauer einzubringen:
Few would have foreseen ... that a united Germany would be led by a woman from Brandenburg or that their American ally would be led by a man of African descent.
Wenige hätten vorhergesehen … dass ein vereintes Deutschland von einer Frau aus Brandenburg geführt werden würde und ihr amerikanischer Alliierter von einem Mann afrikanischer Abstammung.
Was das mit dem Fall der Berliner Mauer zu tun haben soll, ein Ereignis das ihm scheinbar nicht wichtig genug war, um dessen Jubiläumsfeier persönlich beizuwohnen, bleibt das Geheimnis des Präsidenten. Aber wenigstens war es wichtig genug, um in Relation zu seiner eigenen Biographie gesetzt zu werden. Was für eine Ehre für das deutsche Volk. Wir haben auch andere Gründe ihm dankbar zu sein, wüssten wir hier in der alten Welt doch kaum, wie ein Schwarzer eigentlich aussieht, wenn es nicht den amerikanischen Präsidenten gäbe. Dementsprechend ließ er uns in seiner Berliner Rede wissen:
I know that I don’t look like the Americans who’ve previously spoken in this great city. … My mother was born in the heartland of America, but my father grew up herding goats in Kenya.
Ich weiß, dass ich nicht aussehe wie Amerikaner, die in dieser großen Stadt vor mir sprachen. … Meine Mutter wurde im Herzen Amerikas geboren, doch mein Vater wurde als Ziegenhirte in Kenya groß.
Man muss dem amerikanischen Präsidenten natürlich dankbar für die Aufklärungsversuche am Berliner Hinterwäldler sein, sollte sich allerdings den Hinweis nicht verkneifen, dass so mancher unserer Mitbürger durchaus etwas mit den Namen Colin Powel und Condoleeza Rice anfangen kann. Danke Herr Präsident, aber wir haben durchaus schon vor Ihnen schwarze Amerikaner gesehen. Wie der Spiegel so selbstbezogenen und vor allem ethnisch selbstbezogenen Person, zur oben zitierten Tatsachenaussage kommt, bleibt wohl das Geheimnis der Redaktion.

Dienstag, 17. Mai 2011

Die “Demokratie” in “Sozialdemokratie” - Ein potemkinscher Versuch

Ich war seiner Zeit äußerst erstaunt darüber den Sozialdemokraten auf die Schulter klopfen zu müssen, da der damals noch recht neue Vorsitzende Gabriel tatsächlich in Erwägung zog, den Kanzlerkandidaten der SPD per Vorwahl zu bestimmen:

Ich finde die Idee der französischen Sozialisten spannend: Bei der Aufstellung ihres Präsidentschaftskandidaten sollen nicht nur die Parteimitglieder abstimmen können, sondern auch Sympathisanten, Wähler und Wahlhelfer. ... Ich kann mir das auch in Deutschland vorstellen, wenn es mehrere Bewerber gibt.

Wie wir wissen ist das so eine Sache mit der Ursache und der Wirkung. Es finden sich natürlich immer mehr Interessierte für solche Ämter, wenn fest steht, dass die Kandidatur in einem transparenten Wettbewerb entschieden wird, statt durch die Hinterzimmer und Kungeleien der Parteihierarchien. Doch diese Gedankengänge scheinen vergebens, muss man doch auf FAZ.Net in den vergangenen Tagen lesen:

Wenn Steinbrück nun in einem Hörfunkgespräch im Hessischen Rundfunk – und zwar nicht „live“, sondern in einer Aufzeichnung – Umstände und Bedingungen der Nominierung des künftigen SPD-Kanzlerkandidaten darlegt, tut er das nicht ohne Absicht. Der Zeitpunkt also werde kommen, sagte er, an dem er sich „mit zwei oder drei“ Führungspersönlichkeiten der SPD zusammensetze und mit ihnen über die Kanzlerkandidatur rede.

Da Steinbrück derzeit nicht selbst über ein Führungsamt in der SPD verfügt, also nicht zu denen gehört, die die Auswahl zu treffen haben, kann diese Anmerkung nichts anderes bedeuten als die Versicherung: Wenn ich gefragt würde, und die Umstände stimmten, bin ich bereit. Nicht ein Jahr ist es her, dass er genau dies – jedenfalls öffentlich – für sich ausgeschlossen hat.

Ach so, wir sind also doch wieder an dem Punkt angelangt, an dem sich die Parteimächtigen zusammensetzen und darüber befinden wer vielleicht Kanzler werden darf, ja? Die Reaktion Gabriels scheint dies zu bestätigen:

In dem Bemühen darum, als Herr des Nominierungsverfahrens des SPD-Kanzlerkandidaten zu erscheinen, hat der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel am Montag mitgeteilt, er werde seiner Partei zur Person und zum Verfahren rechtzeitig einen Vorschlag machen.

Zu Person und Verfahren? Hat sich Gabriel, denn nicht bereits für ein Verfahren ausgesprochen, dessen ganzer Sinn es ist, die Auswahl der Person nicht zu seiner Angelegenheit zu machen? Was damit allerdings auch gemeint sein könnte ist, dass Gabriel die Personen auswählt, die sich dann dem "Verfahren" einer Vorwahl stellen. Eigentlich würde dieses Verfahren potemkinscher Demokratie sogar in unsere Bananenrepublik passen, lässt es doch einen der heiligsten Glaubenssätze des Parteienstaats unangetastet:

Der Vorsitzende hat das erste Zugriffsrecht.

Diese Erklärung würde sowohl Gabriels Äußerungen zur Vorwahl der französischen Sozialisten, wie auch seine jetzigen Verlautbarungen, nach denen Person und Verfahren in Sachen Kanzlerkandidatur seine Angelegenheit sind, unter einen Hut bringen. Dies würde wiederum auch erklären, weshalb sich die Funktionäre in der SPD vor allem über Steinbrücks "Selbstproklamation" erregen:

Gabriel, berichten Vertraute, sei nur über den Umstand unglücklich, dass Steinbrück öffentlich über die Verabredung des Trios gesprochen habe. Dies hatte nämlich Generalsekretärin Andrea Nahles und den Chef der Parteilinken, Björn Böhning, zu Kritik veranlasst. In der Partei wurde allerdings registriert, dass sich beider Kritik nicht an der Person Steinbrück, sondern nur an der vermeintlichen Selbstproklamation festmachte.

Im Originaltext gaben die beiden allweisen, wie linkischen Jungfunktionäre laut Spiegel zu Protokoll:

"Selbstausrufungen sind in einer modernen demokratischen Partei wie der SPD aus der Mode gekommen", sagte Generalsekretärin Andrea Nahles dem "Tagesspiegel". "Debatten um Kanzlerkandidaten bewegen nur die Zeitungen, aber sie bewegen die Menschen nicht", sagte der Sprecher der SPD-Linken, Björn Böhning.

Ach ja, die "Menschen". Also, als ich das letzte mal nachsah, qualifizierte ich auch noch als solcher und mir ist es nicht egal, wer letztlich als Regierungschef meines Landes endet. Wie abgehoben muss man sein, um zu glauben, dass das die "Menschen" nicht kümmere, oder "bewegt"? Typisch linker Autoritarismus, der Bürger, dummes politisches Mündel das er ist, soll sich lieber die Sozialstaatswohltaten anschauen, die wir ihm anbieten, statt sich mit Fragen zu befassen, die ihn nichts angehen, sondern Sache seiner politischen Vormünder sind. Ja und es gibt trotzdem unerklärlicherweise noch Leute in diesem Land, die glauben, dass es sie etwas angeht, von wem sie regiert werden.

Nahles Äußerungen zur Selbstproklamation sind einfach nur noch absurd. Wenn die SPD tatsächlich eine moderne demokratische Partei ist, dann wird sie diese Frage natürlich in einem offenen demokratischen Wettbewerb klären und um an diesem teilzunehmen, müsste man sich natürlich selbst zum Wettbewerber proklamieren. Was die Vergangenheit angeht war das Problem nicht, dass sich die Kandidaten selbst proklamierten, sondern dass die öffentlichen Ämter wie ein Goodie, wie ein Begrüßungsbonus an Parteiämtern klebten. Lafontain hat beispielsweise nicht sich selbst zum Kanzlerkandidaten proklamiert, sonder Schröder, aber das macht das Ganze deshalb nicht demokratischer. Ebensowenig war die Kungelei am Schwielowsee, über die dann auch noch Kurt Beck stürzte, demokratisch. Nicht Selbstproklamationen sind das Problem, sondern der oben genannte Glaubenssatz des Parteienstaates.

Ich befürchtete schon als Gabriel diese Idee äußerte, dass sie nicht aufgrund eines geläuterten demokratischen Bewusstseins entstand:

Vorwahlen sind zweifelsohne ein Schritt in die richtige Richtung, allerdings wird das Instrument der Vorwahl, als Kontrollinstrument der Bürger gegenüber ihren politischen Eliten sinnlos, wenn dieses Instrument nur dann zum Einsatz kommt, falls die politische Elite entscheidet, dass ihr dies genehm ist, weil es die richtige Publicity bringt. Jemand dem die Demokratie und die Souveränität des Bürgers am Herzen liegt, wird in nächster Zeit darauf achten, ob Gabriel die Sache der Vorwahlen vor allem auf Pressekonferenzen und in Presse-Erklärungen vertritt oder ob er es tatsächlich ernst meint und die Satzung der SPD so verändert, dass Vorwahlen zur Regel werden und nicht die verräterische Ausnahme bilden.

Und es wird vermutlich die werbewirksame Ausnahme bleiben. Wenn man sich die SPD Funktionäre anhört, sorgen sie sich um "Selbstproklamationen", da Personen und Verfahren Sache des Parteivorsitzenden bleiben sollen. Was letztlich heißt, dass die Deutschen sich glücklich schätzen können, eine Auswahl zwischen all den Kandidaten treffen zu dürfen, die Gabriel und dem Rest der Parteiführung genehm sind. Die Iraner dürfen im Moment auch von Listen wählen, auf denen nur Politiker stehen, die dem Klerus genehm sind, aber vermutlich ist der Iran in Frau Nahles Augen auch eine "lupenreine" oder "moderne Demokratie".

Dienstag, 5. April 2011

Liberalismus und innerparteilicher Wettbewerb

Blockpartei FDP

Nachdem Westerwelle bekannt gab, nicht mehr für den Parteivorsitz der FDP zu kandidieren, ist die Suche der FDP nach einem Nachfolger auch schon vorbei, bevor sie für irgendwen, der seinen Alltag außerhalb von Hinterzimmern verbringt, überhaupt begonnen hatte:

Philipp Rösler kandidiert für den FDP-Parteivorsitz. Darauf einigten sich am Dienstag das Parteipräsidium und die Landesvorsitzenden der FDP.
Selbst aus den desaströsen Wahlergebnissen lernt die FDP nichts dazu. Kommt eigentlich keiner bei den "Liberalen" auf die Idee, dass sie momentan so grauenvoll abschneiden, weil sie als liberale Partei nicht mehr erkennbar sind? Zugegebenermaßen mag dies innerhalb einer Koalition als kleiner Partner nicht sonderlich einfach sein, allerdings dürfte es jeden, dem der Liberalismus am Herzen liegt, zum kotzen bringen, wenn die Liberalen liberale Prinzipien im eigenen Haus und ohne Not beerdigen.

Wieso tritt zur Wahl des Parteivorsitzenden nur Rösler an? Wieso "einigen" sich auf diese Kandidatur die Landesvorsitzenden und das Parteipräsidium? Sollen damit andere potentielle Kandidaten wie Daniel Bahr, Christian Lindner oder Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (mein Gott was für ein gräßlicher Name) aus dem Rennen gedrängt werden, bevor es beginnt? Haben die Landesvorsitzenden ihre Mitgliedschaft vor Ort eigentlich konsultiert, bevor sie sich von Oben herab in eine Entscheidung mischen, die die Parteitagsdelegierten zu treffen haben? Glaubt die FDP-Führung, dass ihre Mitgliedschaft zu dumm ist diese Entscheidung selbstständig zu fällen? Weshalb gibt es keine Urwahl der Mitgliedschaft, um diese Entscheidung zu treffen?

Ein Kandidat, friss oder stirb, zur wichtigsten innerparteilichen Wahl des Jahres? Ist das, das liberale Verständnis von Demokratie? Von Wettbewerb? Von Wahlfreiheit? Wieso praktiziert die FDP, die für diese liberalen Prinzipien doch angeblich in jeden Wahlkampf zieht, diese nicht im eigenen Haus, wo kein Koalitionspartner sie daran hindern könnte? Wer soll Figuren wie Rösler, Bahr, Lindner und Co noch ernst nehmen, wenn sie davon sprechen, dass die Deutschen mehr Mut zu Wettbewerb haben müssen, wenn diese Herren sich selbst nur trauen zu Wahlen anzutreten, die ihre Parteimogule vorher schon ausgekungelt haben und in denen es keine Konkurrenten gibt?
In den vergangenen Tagen war darüber spekuliert worden, dass Rösler an Brüderles Stelle das Wirtschaftsministerium übernehmen könnte. Auf diese Weise wäre er das eher unpopuläre Gesundheitsministerium losgeworden. Dafür hätte sich Rösler jedoch auf eine Kampfabstimmung gegen Brüderle einlassen müssen, der sein Ministerium unbedingt behalten will.
Rösler kandidiert bisher als einziger für den Parteivorsitz und scheinbar nur dank genügend Hinterzimmerunterstützung, traut sich allerdings nicht Wirtschaftsminister Brüderle anzugehen, um aus dem Tretminenfeld Gesundheitsministerium zu entkommen. Dass es vom Zustand der Innereien dieser Partei abhängt, wer gerade welcher Minister ist und damit praktisch das Vorschlags- und Entlassungsrecht des Bundeskanzlers für Minister ad absurdum geführt wird haben wir bereits an anderer Stelle besprochen.

Dass all dies inzwischen schon Normalität ist, kann man übrigens auch daran sehen, dass die FAZ den Begriff "Kampfabstimmung" gebraucht. Scheinbar ist jede Abstimmung über Personen zu der tatsächlich mehr als ein Kandidat antritt und deren Ausgang nicht schon vorher ausgekungelt wurde, eine "Kampfabstimmung", also ein Sonderfall zur normalen "Abstimmung" die bereits entschieden wurde, bevor sie überhaupt stattfindet. Man muss schon einen Neusprech-Duden verbrannt und den Rauch komplett inhaliert haben, um soetwas tatsächlich für Liberalismus zu halten.