Dienstag, 24. August 2010

Supranationalismus schlägt Demokratie, schlägt Frieden, schlägt Wohlstand, schlägt...

In unserer Artikeltheke findet sich diese Woche "Israel through European Eyes" von Yoram Hazony und ich nutze einen eher erschreckenden Anlaß, um noch einmal darauf aufmerksam zu machen:

Hazony argumentiert Thomas Kuhn und dessen The Structure of Scientific Revolutions folgend, dass das außerordentlich israelfeindliche, offen anti-zionistische und im Grunde antisemitische Ressentiment, welches die Debatten über die Konflikte in Nahost bei uns in Europa auszeichnet und das man neuerdings eher auf der Linken findet, Resultat eines Paradigmenwechsels des westlichen Staatsverständisses ist.

Die Europäer hätten nach dem 2ten Weltkrieg die Lehre des Supranationalismus gezogen: Dass nationale, selbst demokratische Souveränität aufgegeben werden müsse, wolle man verhindern, dass sich die Greuel der Naziherrschaft wiederholen. Die Juden hingegen hätten den Holocaust als Resultat ihrer Wehr- und Staatenlosigkeit begriffen und die nationale Souveränität durch den Staat Israel sollte dem Pariadasein der Juden ein Ende bereiten.
Die inzwischen von den Europäern als Barbarei verstandene, souveräne Nationalstaatlichkeit und die konsequente Verteidigung jener, auch mittels militärischer Gewalt, führt folglich zu Ansichten über Israel und die Juden, die sich nur noch schwerlich von den alten antisemitischen Tiraden unterscheiden lassen, die den Protokollen der Weisen von Zion folgen.

Hazony prangert die verdrehte Sicht auf die Geschichte zurecht an, die dem progressiven, supranationalen Paradigma zugrunde liegt, auf dem die Europäische Union aufbaut:

For the record, my own view is that this line of argument is preposterous. The heart of the idea of the nation-state is the political self-determination of peoples. The nation-state is a form of government that limits its political aspirations to the rule of one nation, and to establishing national freedom for this nation. The Nazi state, on the other hand, was precisely the opposite of this: Hitler opposed the idea of the nation-state as an expression of Western effeteness. On his view, the political fate of all nations should be determined by the new German empire that was to arise: Indeed, Hitler saw his Third Reich as an improved incarnation of what he referred to as the First Reich—which was none other than the Holy Roman Empire of the Hapsburgs! The Nazis’ aim was thus diametrically opposed to that of the Western nation-states. Hitler’s dream was precisely to build his empire on their ruin.
Dass die Nazis einen Vielvölkerstaat errichteten, in dem eine "Rassen"-Hierarchie von "Herrenmenschen" und "Untermenschen" herrschen sollte, hat man in Westeuropa nach dem 2ten Weltkrieg als Delegitimation des Nationalstaats begriffen. Hazony bezeichnet diese Weltsicht mit recht als absurd, aber eben dies ist im Falle eines wissenschaftlichen oder andersartigen Paradigmas das Problem:

Wir haben es hier mit politischen Positionen zu tun, die bereits zum kulturellen Erbe Europas geronnen sind und den gesellschaftlich stabilisierenden Konsens bilden, durch den sich die europäischen Nationen identifizieren. So unzufrieden die Europäer mit der konkreten Europäischen Union auch sein mögen, die EU basiert auf unhinterfragten bereits über einige Generationen weiter gereichten politischen Überzeugungen, mit denen sie nicht brechen würden. Der Irakkrieg, die allgemeinen Haltungen gegenüber den Bush- und Obama- Administrationen, die Einstellung zum Afghanistan-Krieg, Dinge wie das Kyoto- und Copenhagenabkommen, die Öko-Politik-Mode, die Parteien bis hin zu den Mitte-Rechtsparteien erfasst (Torries, CDU) und die Heiligsprechung der korrupten UNO mitsamt ihrer unzähligen wie überflüssigen Tochterorganisationen sind gute Paradebeispiele des ansozialisierten politischen Gruppendenkens auf dem Kontinent.
In The Structure of Scientific Revolutions, Kuhn argues that the traditional picture of science—in which scientists conduct universally replicable experiments to accumulate verified facts, which together make up the body of scientific truths—is without basis in the actual history of science. Instead, scientists are trained to see the world in terms of a certain framework of interrelated concepts, which Kuhn calls a paradigm. In the overwhelming majority of cases, the paradigm not only determines the interpretation that a scientist gives the facts, but even what facts there are to be interpreted: The “facts” that scientists consider admissible for discussion are those that easily conform to the dominant paradigm, or that can be made to conform to it by extending the paradigm or introducing minor repairs into it. Those facts that can’t be made to conform to the reigning paradigm are overlooked entirely or dismissed as unimportant.
Man kann eine solche kulturell dominante Idee, wie die Supranationalistische Überzeugung, nicht brechen indem man auf ihre Widersinnigkeit hinweist. Es nützt nichts wenn man anklagt, dass Politiker die, die EU gern als "Friedens- und Wohlstandsprojekt" verkaufen, einem im nächsten Moment das Wort "Freihandelszone" entgegengiften, als handle es sich um ein Schimpfwort, wenn man vorschlägt, die EU wirklich auf jene Institutionen zu begrenzen, die zur Schöpfung des Wohlstands im "Wohlstandsprojekt" EU beitragen. Vermutlich weil ein solcher Politiker sehr gut weiß, dass das Europäische Parlament eine solche Schrumpfungskur nicht überleben würde und wenn man der Parteienoligarchie ihr Sünderexil (siehe Özdemir) und ihren Elefantenfriedhof (siehe Cohn-Bendit) streitig macht, dann ist das Ausfahren der Giftzähne ein natürlicher Reflex.

Nicht weniger bezeichnend ist die Bezeichnung "Friedensprojekt", wird doch den Bürgern der europäischen Nationalstaaten suggeriert, dass sie ohne Oberaufsicht der Brüsseler Herrenmenschen einander mir-nichts-dir-nichts blutsaufend an die Kehle springen würden. Helmut Kohl wird trotz Spendenaffäre seit seinem Abtritt dafür gefeiert die Deutschen, im Namen des Supranationalismus, auf diese Weise zu beleidigen. Währenddessen zersetzt dieses "Friedensprojekt" im Rahmen seiner Staatswerdung eben jenes in den Nationalstaaten, was empirisch eindeutig für Frieden in Europa gesorgt hat, nämlich die liberale Demokratie und die Rechte, die durch jene gesichert werden, was mich an jene erschreckende Meldung erinnert, von der ich am Anfang sprach.

Dies sind nur die offensichtlichsten Argumente gegen die Europäische Union und ihre Staatswerdung, aber die Entkräftung des supranationalistischen Paradigmas reicht eben nicht aus, um die politische Kultur zu ändern:

The prejudices run too deep, Darwin writes, and it will take new generation of scientists to be able to consider the new theory fairly... .


But I’ll leave you with just this thought as a start on it: Paradigm shifts aren’t like an election campaign or a struggle over some aspect of policy ... . For this reason, clashes between political paradigms tend to play themselves out over a generation or more. By the same token, the relevant media in which these clashes are played out aren’t the newspapers or television or the internet. By the time we’re reading the newspapers or watching CNN, we’ve already got our paradigm in place... .
Man gewinnt diesen politischen Kampf nicht durch Negation. Was nun getan werden muss ist die Restauration des nationalstaatlich-demokratischen Ideals, das solange integraler Part der Befreiungsbewegung Europas vom Mittelalter war, in und durch jene Parteien denen dieses Ideal programmatisch am Herzen liegen müsste: Den Parteien des bürgerlichen Lagers. Wir können vermutlich das supranationalistische Paradigma in dieser Generation nicht entkräften, jedoch können wir, in dem wir das nationalstaatliche Ideal bewahren, dafür sorgen, dass wenn der Supranationalismus versagt (und er wird versagen), eine Alternative für all die bereit steht, die sich einen offenen Geist bewahrt haben.

Eine durch und durch konservative Aufgabe.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen