Dienstag, 24. Mai 2011

Macht die SPD etwa ernst?

Es sieht ganz so aus. Auf FAZ.Net finden sich sowohl ein Artikel, als auch ein Kommentar zur angestrebten Parteireform Gabriels, die etablieren soll den Kanzlerkandidaten der SPD in Zukunft durch Vorwahlen zu küren und zwar nicht nur durch die Parteimitgliedschaft (was an sich bereits ein Fortschritt wäre), sondern auch durch Sympathisanten und Anhänger der Partei.

Vielleicht müssen wir uns hier also für vorschnelle Resignation im Hinblick auf das sozialdemokratische Reformprojekt für mehr Demokratie entschuldigen. So wie sich der Artikel liest ist es Gabriel mit einer institutionellen Reform seiner Partei tatsächlich ernst:
Frau Nahles will ihren Entwurf am kommenden Montag im Parteivorstand als Diskussionsgrundlage vorstellen. Im Herbst plant sie, gemeinsam mit dem Parteivorsitzenden Gabriel, mit dem sie den Entwurf abgestimmt habe, ihre Vorschläge auf einer Tour durch die Parteigliederungen zu diskutieren. Auf dem Bundesparteitag im Dezember in Berlin sollen die Ergebnisse beschlossen werden.
Frau Nahles hob hervor, dass sie beides anstrebe: Die Möglichkeit neuer Beteiligungsformen für Nicht-Mitglieder bei Vorwahlen auf unterschiedlichen Ebenen, aber auch die Stärkung der Mitgliederrechte durch die Ausweitung des Mitgliederentscheides über Sachfragen auf alle Parteigliederungen. Wahlen für Parteiämter sollen weiterhin Mitgliedern vorbehalten sein.
Aber natürlich steht nicht alles zum besten. Die Funktionäre bangen um ihre Macht und bekannte Spieler in unserem Intrigantenstadl, wie Johannes Kahrs, fürchten bereits die desinfizierende Wirkung von Sonnenlicht und Transparenz:
Der Vorsitzende des konservativen Seeheimer Kreises in der SPD, Kahrs, sagte dieser Zeitung, der Vorschlag sei „Unsinn“. Es gehe darum, die SPD als Mitgliederpartei zu stärken „und nicht in dem Streben nach einer eingebildeten Modernität eine Amerikanisierung zu betreiben“.
Auch der Vorsitzende der Jungsozialisten, Vogt, äußerte sich skeptisch: Entscheidend sei zunächst, ein vernünftiges Programm zu entwickeln. „Anschließend geht es darum, einen Kandidaten zu finden, der auch wirklich zum Programm passt“, sagte er der „Leipziger Volkszeitung“. Er bezweifle, dass eine Direktwahl des Kanzlerkandidaten funktionieren könnte, sagte Vogt.
Der gute, alte Programm-Köder. Die Sache ist nur, dass es letztlich nichts nützt, wenn man in einer Partei über das Programm entscheiden darf, aber dann nicht die Mittel hat, um zu kontrollieren, ob das politische Personal dieses Programm auch umsetzt. Was nützt z.B. dass im Unionsprogramm noch immer das Merzsche Steuermodell steht, wenn die Parteifunktionäre ständig eine Kanzlerkandidatin küren, die dies ignoriert? Personal- gegen Programm-Hoheit auszuspielen ist ein durchsichtiges Manöver der Kader, die darauf aus sind, ihre eigene Machtbasis zu erhalten. Man stelle sich vor: Am Ende hat so ein gewichtiger Funktionär nicht mehr darüber zu sagen, wer Kanzlerkandidat wird, als ein einfaches Parteimitglied oder ein bloßer Sympathisant. Wo kämen wir denn da hin?

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